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Digitale Innovation für mehr Sicherheit und Qualität

Beispiel aus der Praxis: Das Projekt der Evangelischen Heimstiftung zeigt, wie digitale Innovationen in der Sozialwirtschaft helfen können.

Die Digitalisierung hat tiefgreifenden Einfluss auf alle Bereiche des Lebens. Auch in der Altenpflege eröffnet sie vielfältige Vorteile, die den betreuten Senioren ihren Alltag nicht nur erleichtern, sondern ihn auch wesentlich sicherer machen. Ein Vorreiter auf diesem Gebiet ist die Evangelische Heimstiftung, die schon frühzeitig eine umfassende Digitalisierungsstrategie implementiert und bereits verschiedene technische Assistenzsysteme im Einsatz hat. 

Die Abkürzung ALADIEN steht bei der Evangelischen Heimstiftung (EHS) aus Baden-Württemberg für Alltagsunterstützende Assistenzsysteme und Dienstleistungen und ist Synonym für die umfassende Digitalisierungsstrategie, die bereits vor einigen Jahren ins Leben gerufen wurde. Dafür wurden im ersten Schritt fast sämtliche Wohnungen und Residenzen des Anbieters von sozialen Dienstleistungen frühzeitig mit WLAN ausgestattet, um die erforderlichen Grundlagen für die Vernetzung zu schaffen – mit Erfolg, denn mittlerweile ist das ALADIEN-Konzept bereits in rund 750 Wohnungen und Wohngemeinschaften im Einsatz und sorgt dafür, dass die Lebensqualität von Menschen mit Unterstützungs- und Pflegebedarf deutlich erhöht wird. „Ich bin überzeugt davon, dass wir für die Pflege und Betreuung in Zukunft immer mehr digitale Innovationen brauchen“, sagt Bernhard Schneider, Hauptgeschäftsführer der EHS. „Denn die Nachfrage steigt kontinuierlich, während die Ressourcen schwinden.“ Deshalb werden die digitalen Produkte der EHS nicht nur für die Senioren, die heute in den Pflegeheimen und Residenzen leben, entwickelt, sondern auch für diejenigen, die in zehn bis 20 Jahren dort leben werden. Bis dahin wird die Digitalisierung weiter rasant fortschreiten, was sich dann auch in dem Know-how der Bewohner widerspiegeln wird. Denn diese sind heute schon sehr digital unterwegs – deshalb gilt es, ihren Bedarf und ihre Wünsche schon heute bei der Entwicklung mitzudenken. 


Spezielle Tablets und mehr Sicherheit 

Um das ALADIEN-Konzept nutzen zu können, werden die Bewohner bei ihrem Einzug mit speziellen Tablets ausgestattet, die mit einer eigens entwickelten Oberfläche leicht zu bedienen sind und den älteren Menschen den Zugang zu den digitalen Kommunikationswegen erleichtern. Nach einer kurzen Einführung lassen sich damit unter anderem die Beleuchtung und die Rolläden der Wohnungen ganz bequem steuern. Das ALADIEN-Konzept umfasst neben der Verwaltung der installierten Haustechnik auch verschiedene Module zur Erhöhung der Sicherheit. Dazu gehört beispielsweise eine Herd-Sicherheitsabschaltung, Video-Türkommunikation, damit die Bewohner immer sehen können, wer bei ihnen vor der Tür steht, Orientierungslicht, das beim Aufstehen aus dem Bett aktiviert wird, ein Inaktivitätsmelder, der erkennt, wenn sich eine Person ungewöhnlich lange nicht bewegt und eine Sturzerkennung, die Stürze binnen kürzester Zeit über den Hausnotruf meldet und Hilfe organisiert. Voraussetzung dafür ist, dass in allen Wohnräumen Sensoren installiert werden, die dann im Zusammenspiel die Sicherheit und Eigenständigkeit der Bewohner erhöhen. 

Darüber hinaus gibt es auch zahlreiche Apps, die für Unterhaltung sorgen und die Kommunikation erleichtern. Dazu zählt unter anderem die einfach zu bedienende Myo-App, die ausschließlich in den Pflegeheimen der Evangelischen Heimstiftung zum Einsatz kommt. Dank ihr können die Angehörigen am Alltag ihrer Familienmitglieder in den Einrichtungen teilhaben. Sie ermöglicht nicht nur die Videotelefonie, sondern darüber hinaus können die Mitarbeitenden auch Bilder, Videos und Dokumente mit den Angehörigen teilen. Und das Tablet fungiert gleichzeitig auch als Zugang zum Quartier. Es zeigt mitunter die täglichen Veranstaltungsangebote an, zu denen sich die Bewohner anmelden können. Falls sich Fragen zum Tablet oder den Anwendungen ergeben, können sich die Senioren an spezielle ALADIEN-Beauftragte in den Einrichtungen wenden, die ihnen mit Rat und Tat zur Seite stehen und darüber hinaus auch Stammtische organisieren. 


Innovative Start-ups entwickeln neue Anwendungen

Das System wird kontinuierlich weiterentwickelt und soll perspektivisch in allen Neubauten und sanierten Bestandsgebäuden zum Einsatz kommen. Zuletzt kam beispielsweise die App EHS-Treffpunkt hinzu, die den Bewohnern unter anderem eine Terminübersicht, interne Nachrichten, den aktuellen Speiseplan und die Kontakte zu verschiedenen Ansprechpartnern aus der Einrichtung bietet. Um derartige Anwendungen anbieten zu können, arbeitet die Evangelische Heimstiftung bereits seit einigen Jahren mit jungen Start-up-Unternehmen zusammen, die digitale Technologien speziell für Menschen mit Pflegebedarf konzipieren. „Von diesen Partnerschaften profitieren beide Seiten“, erklärt Bernhard Schneider. „Um mit innovativen Gründern in Kontakt zu kommen, nutzen wir Messen und Fachtagungen. Darüber hinaus sind wir in verschiedenen Netzwerken vertreten und schauen dort nach jungen Unternehmen, die für eine potenzielle Zusammenarbeit in Frage kommen.“ 

Wenn ein passender Partner gefunden ist, sammelt die Evangelische Heimstiftung zunächst im Rahmen einer Testphase oder eines Modellprojekts erste Erfahrungen. Dabei ist immer entscheidend, ob die hilfebedürftigen Bewohner von der angebotenen Entwicklung oder Dienstleistung profitieren können, damit das bestehende Betreuungs- und Wohnangebot kontinuierlich weiterentwickelt werden kann. Dabei arbeitet die Evangelische Heimstiftung auch mit Start-ups im Rahmen von Entwicklungspartnerschaften zusammen, bei denen sie erste Erfahrungswerte zum Prototypen sammelt, damit Schwachstellen behoben und technische Funktionalitäten optimiert werden können. Ein aktuelles Beispiel dafür ist der soziale Roboter Navel, der in den Einrichtungen des Anbieters eine sechsmonatige Testphase durchlaufen hat, um in der Praxis zu testen, ob er die Senioren in ihrem Alltag begleiten und dabei auch ihre kognitiven Fähigkeiten fördern kann. „Navel hat sein Können bei uns wirkungsvoll unter Beweis gestellt“, sagt Bernhard Schneider. „Es gab zwar einige Bewohner, die keine Lust auf ihn hatten, aber die anderen waren sehr begeistert.“ Dies gilt vor allem für ältere Menschen mit speziellen Hobbys. Da Navel auf Basis künstlicher Intelligenz selbst schwierige themenbezogene Fragen ohne weiteres beantworten kann, ist er bei ihnen zu einem geschätzten Gesprächspartner geworden. 

„Unsere Erfahrungen mit digitalen Innovationen sind durchweg sehr positiv. Wichtig ist dabei jedoch, dass die Projekte von Anfang an sehr positiv begleitet werden, um den Menschen ihre Ängste zu nehmen. Wenn das gelingt, sind sie sehr offen und sehen eher die Chancen“, so Bernhard Schneider. Darüber hinaus profitiert die Evangelische Heimstiftung von einem Image-Gewinn, mit dem sie gar nicht gerechnet hat. „Nicht nur, dass unsere Mitarbeitenden begeistert sind und wir viele Bewerbungen auf ausgeschrieben Ausbildungsstellen erhalten. Auch bei unseren Bewohnern kommen die technischen Gadgets so gut an, dass unsere Unterbringungsmöglichkeiten verstärkt nachgefragt werden.“