Eine Win-win-Situation
Concordia NV, ein Tochterunternehmen in Belgien, gibt Menschen die Chance auf einen festen Job, die es sonst am Arbeitsmarkt oft schwer haben. Sechs Personen, darunter beispielsweise Autisten oder Menschen in schwierigen Lebenslagen, sind mittlerweile fester Bestandteil des Concordia-Teams. Ihre individuellen Stärken bringen sie erfolgreich ein.
Wie viele Unternehmen der Ecclesia Gruppe steht auch Concordia NV vermehrt vor der Herausforderung, qualifizierte Mitarbeitende zu finden. Immer schwieriger wird es, geeignete Kandidaten für vakante Stellen auszumachen. Eine Möglichkeit, dem entgegenzuwirken, ist es, die Mitarbeitenden, die bereits Teil des Teams sind, zu entlasten und ihnen die Möglichkeit zu geben, sich mehr auf wertschöpfende und strategische Aufgaben zu konzentrieren. Personalreferentin Sary Vlaminckx berichtet: „Als wir uns die Aufgaben unserer Teams genauer angeschaut haben, konnten wir feststellen, dass sie zunehmend mit Routine- und administrativen Aufgaben beschäftigt sind. Das macht etwa 30 Prozent ihrer Arbeitszeit aus.“
Dabei sind es gerade die administrativen Aufgaben, für die eine entsprechende Ausbildung in der Regel nicht benötigt wird. Sie sind absolut notwendig, kosten aber wertvolle Zeit, die sonst beispielsweise in Kundengespräche fließen könnte. Luc Van Antwerpen, einer der Geschäftsführer von Concordia, kommt in diesem Kontext auf eine Idee: „Ständig hört man Klagen über den Fachkräftemangel, während es doch zeitgleich Menschen gibt, die sich vergeblich um einen Job bemühen. Dabei können Personen, die beispielsweise Autismus haben oder konfrontiert mit Schicksalsschlägen in komplizierte Lebenssituationen geraten sind, unter den passenden Rahmenbedingungen doch sehr erfolgreich ihre individuellen Stärken in ein Unternehmen einbringen.“ Also ergriff er die Initiative und setzte gemeinsam mit einem Förderprogramm der Stadt Antwerpen einen Prozess in Gang.
Eine Stelle, bei der es nicht auf den Ausbildungsgrad ankommt
Im Zuge der Analyse wurde deutlich, dass Mitarbeitende entlastet werden können, indem sie bestimmte Verwaltungsaufgaben abgeben – an eine Person mit neu geschaffener Funktion, den „Verwaltungsassistenten“. Die Voraussetzungen für diese Stellen sind keine bestimmten akademischen Grade oder Berufserfahrung. „Es geht vielmehr um den Menschen an sich, um seine Motivation und den Willen, etwas zu schaffen“, erklärt Sary Vlaminckx. „Wichtig ist, dass die Person zu uns passt, Freude an administrativen Tätigkeiten hat und natürlich einen Sinn für Genauigkeit sowie Korrektheit.“ Immerhin sei gerade bei administrativen Arbeiten ein sauberes und genaues Vorgehen von besonderer Relevanz.
Der erste Verwaltungsassistent bei der Concordia war Steven De Pooter, der 2019 am Standort Antwerpen seine Arbeit begann. Für das Recruiting in diesem Bereich arbeitet Concordia mit Firmen zusammen, die sich auf die Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt von Personen mit Behinderung oder in schwierigen Lebenslagen spezialisiert haben. „Zu Beginn haben wir sehr genau beschrieben, für welche Aufgaben wir was für eine Person suchen und dann einige Vorschläge erhalten“, erzählt Sary Vlaminckx, die das Projekt von Anfang an begleitet. „Mittlerweile läuft es auch manchmal andersherum: Wenn eine Person im Bewerberpool aufläuft, die zu uns passen könnte, fragen unsere Ansprechpartner, ob wir uns vorstellen könnten, diese bei uns einzusetzen.“
Onboarding mit einer ordentlichen Portion Fingerspitzengefühl
Anders als bei regulären Stellenausschreibungen gibt es hier beim Onboarding deutlich mehr Vorlauf. Zunächst wird die Idee im Team besprochen, sodass auch alle Mitarbeitenden an einem Strang ziehen. Dann werden ein oder auch zwei mögliche Mentoren ausgewählt, die bereit wären, als Ansprechperson für das neue Teammitglied zu fungieren und sich besonders um die neue Kollegin oder den neuen Kollegen zu kümmern. Es folgt ein Kennenlernen mit Mentor und Jobkandidat. Verläuft das gut, gibt es zunächst ein Praktikum. „Es ist wichtig, dass beide Seiten schauen können, ob es passt und funktioniert“, erklärt Sary Vlaminckx. „Nur wenn eine Person Freude an der Stelle hat, aber auch unsere Anforderungen erfüllen kann, ist eine längerfristige Beschäftigung sinnvoll.“
Bei Steven De Pooter hat alles perfekt gepasst. Nach einem Zusammenbruch mit heftigen psychischen und körperlichen Folgen war er etwa fünf Jahre lang arbeitslos. „Den Moment, als ich hier zum Teambuilding zugelassen wurde, werde ich nie vergessen“, erzählt er. „Ich konnte mich so schnell in die Concordia-Familie integrieren. Mein Praktikum lief super und zum Abschluss erhielt ich einen unbefristeten Arbeitsvertrag. Ich bin wirklich sehr glücklich hier.“
Aber auch nachdem sich Unternehmen und Kandidat füreinander entschieden haben, gibt es einige Dinge zu beachten. „In der Regel arbeiten unsere Verwaltungsassistenten nicht sofort in Vollzeit“, so Sary Vlaminckx. „Wir schauen erst mal gemeinsam, welchen Workload sie gut schaffen können und steigern die Wochenarbeitszeit, falls möglich, langsam.“ Zunächst waren die Verwaltungsassistenten in der Abteilung „Brokerage and Claims“ (Maklerdienste und Schadenfälle) eingesetzt – vor allem, weil hier der Bedarf am größten war. Theoretisch können sie aber überall arbeiten. „Mittlerweile haben wir beispielsweise auch einen Verwaltungsassistenten in der IT.“
Was ein fester Job und Wertschätzung bewirken können
Mithilfe der neuen Kolleginnen und Kollegen werden so Mitarbeitende entlastet. Das Unternehmen profitiert davon, weil sich Mitarbeitende stärker auf ihre Kernaufgaben konzentrieren können. Aber auch die Verwaltungsassistenten sehen den Wiedereinstieg in einen festen Job häufig als große Chance. Steven De Pooter habe beispielsweise bei seiner Einstellung noch bei seiner Mutter gelebt: „Jetzt konnte ich mir wieder eine eigene Wohnung kaufen. Das war ein richtiger Meilenstein für mich. Ich habe es geschafft, mich aus einem tiefen Tal nach oben zu kämpfen, und das ging, weil ich einen Job habe, den ich gerne mache und der wertgeschätzt wird.“
Auch Sary Vlaminckx freut sich sehr über die Entwicklung des Projekts: „Ja, man muss als Team zusammenhalten und es erfordert Arbeit, all das möglich zu machen. Wenn wir dann aber sehen, wie Menschen wie Steven bei uns aufblühen und sich entwickeln, ist das einfach nur schön.“ Concordia verfolgt das Projekt weiter und freut sich, es ausbauen zu können. „Das ist sicher noch nicht das Ende der Geschichte“, betont Luc Van Antwerpen. „Ich möchte auf jeden Fall noch mehr Menschen in unserem Unternehmen beschäftigen, die es auf dem regulären Arbeitsmarkt sonst schwer haben.“