Haftpflicht: Update zum Umgang der Versicherer mit dem Ukraine-Krieg

Ausschlussklauseln müssen genau beachtet werden

Der russische Einmarsch in Gebiete der Ukraine jährt sich zum ersten Mal. Unternehmen und Versicherer haben inzwischen gelernt bzw. lernen müssen, mit der Situation umzugehen. Dies erfolgt teilweise auch durch massive Änderung der Unternehmenspolitik, z.B. durch Schließung der jeweiligen Niederlassungen in den betroffenen Gebieten, insbesondere in Russland. Dies war aber nicht allen Unternehmen aus wirtschaftlichen und tatsächlichen Gründen so schnell möglich. Nachfolgend ein Update zu den wichtigsten Fragen in Bezug auf den Haftpflichtversicherungsschutz deutscher Konzerne in der Krisenregion.
 

Gebietsausschlüsse und Sanktionen

Der Haftpflichtversicherungsschutz gilt grundsätzlich weltweit (Regelfall), einschließlich der betroffenen Gebiete. Zu beachten sind allerdings möglicherweise einschlägige Risikoausschlüsse.

Einige Versicherer belegen Risiken mit Bezug zu Russland, Belarus oder der Ukraine mit sehr weitgehenden (Gebiets)Ausschlüssen. Insbesondere in Bezug auf die Ukraine ist ein solcher Ausschluss nicht nachvollziehbar, da die Ukraine ja nicht der Aggressor, sondern, im Gegenteil, die angegriffene Partei dieses Krieges ist. Hier kann aber durch transparente Informationen im Rahmen von Verhandlungen mit dem jeweiligen Versicherer oftmals eine akzeptable Lösung erreicht werden, zum Beispiel durch Beschränkung der Gebietsausschlüsse auf die tatsächlich umkämpften Gebiete (Krim, Donbass, Sevastopol, etc.).

Die meisten Haftpflichtversicherungsverträge beinhalten zusätzlich sogenannte Sanktionsklauseln. Danach besteht Versicherungsschutz nur, soweit und solange dem Versicherungsschutz keine auf die Vertragsparteien direkt anwendbaren Wirtschafts-, Handels- oder Finanzsanktionen beziehungsweise Embargos der Europäischen Union oder der Bundesrepublik Deutschland entgegenstehen. Teilweise wird zusätzlich auch noch Bezug auf US-Sanktionen/-Embargos genommen.

Die Entwicklung der Sanktionslage muss daher weiterhin ständig beobachtet werden. Insbesondere Unternehmen aus den Bereichen Hightech, Transport und Infrastruktur sind von den gültigen Sanktionspaketen betroffen. Aber auch die Sanktionen gegen (überwiegend russische) Einzelpersonen müssen beachtet und geprüft werden („Sanctions Screening“), da viele dieser Einzelpersonen durch die Beteiligung an Unternehmen am Wirtschaftskreislauf teilnehmen und es sich hierbei nicht zwangsläufig um russische Unternehmen handeln muss.

Alle Unternehmen müssen genau prüfen, ob anstehende Lieferungen/Verträge gegen bestehende Sanktionen verstoßen, da ansonsten der Ausschluss für sanktionierte Länder greifen würde.
 

Maßnahmen der russischen Behörden

Bereits seit Anfang März 2022 ist es – als Antwort auf die westlichen Sanktionen - durch die russischen Behörden untersagt, Versicherungs- und Rückversicherungsschutz für in Russland belegene Risiken oder Interessen aus einem „unfreundlichen Staat“ heraus vorzuhalten. Da auch Deutschland dieser Regelung unterfällt, ist die einzige Möglichkeit, den Versicherungsschutz betroffener Risiken aufrecht zu erhalten, die Herstellung rein lokalen Versicherungsschutzes über einen in Russland ansässigen lizenzierten Versicherer. Die Vermittlung erfolgt ausschließlich über lokal zugelassene Makler, zu denen auch weiterhin Kontakte bestehen. Allerdings ist zu beachten, dass die Einrichtung lokalen Versicherungsschutzes einen längeren Zeitraum in Anspruch nimmt, so dass eine frühzeitige Kontaktaufnahme geboten ist.

In allen Zweifelsfragen wenden Sie sich gern an Ihre deas-Kundenbetreuerin oder Ihren deas-Kundenbetreuer, der Sie bei der Beantwortung der Fragen unterstützt.
 

Wesentliche Ausschlüsse in den Policen

Haftpflichtversicherungsbedingungen enthalten in der Regel Ausschlüsse in Bezug auf Schadenfälle in direktem Zusammenhang mit Krieg oder Terror. So sind Haftpflichtansprüche ausgeschlossen wegen Schäden, die nachweislich auf Kriegs- oder Bürgerkriegsereignissen oder militärischer oder behördlicher Requisition beruhen. Die Frage, ob die russische „militärische Spezialoperation“ als Krieg zu qualifizieren ist, bedarf sicherlich keiner weiteren Untersuchung mehr. Wichtig ist aber, dass der mögliche Schaden auch auf dem Kriegsereignis beruht. Ein einfacher örtlicher oder zeitlicher Zusammenhang dürfte insoweit zur Anwendung des Ausschlusses nicht reichen.

Jörg Linnert