M&A-Versicherungen: Was bei Übernahmen wichtig ist

Fusionen und Übernahmen – Mergers and Acquisitions (M&A) – im Krankenhausbereich haben in den vergangenen Jahren in Deutschland bedingt durch eine Konsolidierungswelle zugenommen. In vielen anderen Branchen werden bereits seit längerer Zeit solche Transaktionen mit speziellen M&A-Versicherungen abgesichert. Mittlerweile besteht auch im Gesundheitswesen ein gesteigertes Interesse der Parteien, neben den traditionellen Käufern auch zum Beispiel Private Equity Fonds, über M&A-Versicherungen Übernahmen oder Zusammenschlüsse zu versichern. Im folgenden Beitrag erläutert Clemens Küppers, Geschäftsführer des auf M&A-Themen spezialisierten Maklers LIVA Europe GmbH, die Mechanik dieser Versicherungen, ihre Anwendungsmöglichkeiten und Limitierungen, die alle an solchen Transaktionen Beteiligten bei diesen Versicherungslösungen beachten müssen.

M&A-Versicherungsmarkt

Bei einer Veräußerung eines Unternehmens möchte der Verkäufer möglichst wenig Zusicherungen bzw. Freistellungen im Hinblick auf sein Unternehmen und dessen Betrieb abgeben, um seine Haftung nach dem Kaufvertrag möglichst gering zu halten. Der Käufer hingegen besitzt ein gesteigertes Interesse an einem umfassenden Garantiekatalog sowie einer hohen Haftungssumme des Verkäufers. Der Einsatz einer Warranty und Indemnity-Versicherung (W&I-Versicherung) kann dieses Spannungsfeld auflösen.

Dies gilt sowohl für Share Deals als auch für Asset Deals. Ursprünglich von Private Equity Fonds getrieben, sind die Policen seit gut 15 Jahren auch auf dem deutschen Markt erhältlich und seitdem immer gebräuchlicher geworden. Inzwischen steht eine Vielzahl von Versicherern und Assekuradeuren mit deutschsprachigen Teams zur Verfügung. 


Deckung für unbekannte und bekannte Risiken

Dabei dient die W&I-Versicherung grundsätzlich zur Absicherung vor Schäden aufgrund von unbekannten und unvorhergesehenen Risiken. Darunter fallen all diejenigen Risiken einer Transaktion, die weder vom Käufer im Offenlegungsprozess (Disclosure) mitgeteilt, noch vom Käufer im Rahmen seiner Due-Diligence-Prüfung identifiziert wurden.

Darüber hinaus besteht auch die Möglichkeit, Versicherungsschutz für einzelne identifizierte, also bereits bekannte Risiken abzuschließen, die aus der Deckung einer allgemeinen W&I-Versicherung regelmäßig ausgeschlossen werden. Auch Kombinationen sind möglich, etwa wenn die allgemeine Steuerfreistellung im Kaufvertrag im Rahmen der W&I-Versicherung gedeckt ist, ein bereits bekanntes, konkretes steuerliches Risiko aber separat mit einer Steuerpolice abgesichert wird.


Verkäufer vs. käuferseitige Policen

Ursprünglich diente die W&I-Versicherung in erster Linie der Absicherung des Verkäufers für die vertraglichen Haftungsrisiken im Kaufvertrag. Die käuferseitige Versicherung hat sich aber durchgesetzt. In dieser Variante ist der Käufer Versicherungsnehmer und hat im Schadenfall dann einen Direktanspruch gegen den Versicherer.


Voraussetzungen

Damit ein Versicherer bereit ist, weitgehenden Deckungsschutz für den Garantiekatalog eines Kaufvertrages zu gewähren, müssen einige Voraussetzungen rund um den Prozess der Transaktion erfüllt sein. Eine Transaktion zwischen Käufer und Verkäufer sollte daher so verhandelt werden, als gäbe es keine Versicherung.  

Datenraum: Der Verkäufer muss dem Käufer alle für die Bewertung des Zielunternehmens wesentlichen Informationen und Daten in einem Datenraum zur Verfügung stellen. 

Due Diligence: Regelmäßig werden nur solche Garantieerklärungen gedeckt, für die eine sogenannte Due Diligence (DD) vorliegt, also die intensive Prüfung durch geeignete professionelle Berater, die in ihren Berichten eine Bewertung der gesichteten Informationen vornehmen.


Wichtige Ausschlüsse

W&I-Versicherungspolicen bestehen regelmäßig aus zwei Teilen: einem allgemeinen Teil mit den Versicherungsbedingungen und einer Tabelle (Warranty Spreadsheet) mit einer Auflistung aller im Kaufvertrag vereinbarten Garantien und Freistellungen nebst Kategorisierung in „versichert“, „teilweise versichert“ oder „nicht versichert“. In den beiden letztgenannten Fällen erfolgt eine Kommentierung in einer zusätzlichen Spalte.

Aber auch im allgemeinen Teil finden sich Ausschlüsse, die unabhängig vom Wortlaut der einzelnen Garantien als vereinbart gelten. Der wichtigste Ausschluss in diesem Zusammenhang ist sicher der Wissensausschluss. Er besagt, dass Schäden, von denen die Versicherungsnehmerin zum Zeitpunkt des Abschlusses der Police (Signing) positive Kenntnis hatte, von der Deckung ausgenommen sind. 

Schäden durch in die Zukunft gerichtete Garantien werden ebenso ausgeschlossen wie solche, die durch nicht ausreichende bilanzielle Pensionsrückstellungen entstehen könnten. 

Darüber hinaus gibt es eine Reihe weiterer, eher technischer Ausschlüsse, die regelmäßig zur Anwendung kommen. 


Preis und Prozess

Der Preis für W&I-Versicherungen variiert nach einer Reihe von Faktoren wie zum Beispiel:

  • Selbstbehalt der Versicherung
  • Anteil der vereinbarten Versicherungssumme am Transaktionsvolumen (Enterprise Value) insgesamt
  • Umfang und Breite der Garantien
  • Ergebnisse der DD-Berichte
  • Zugrundeliegende Branche

Aber auch der von Versicherer zu Versicherer unterschiedliche individuelle Risikoappetit hat einen nicht zu unterschätzenden Effekt auf die Preisgestaltung dieser Policen. Derzeit kann für W&I-Versicherungen im deutschsprachigen Raum von Prämiensätzen zwischen ca. 0,8 Prozent und 1,5 Prozent ausgegangen werden. Ein Prämiensatz von beispielsweise 1 Prozent bedeutet, dass eine Police mit der Versicherungssumme von 15 Millionen Euro für die gesamte Policenlaufzeit (regelmäßig zwei Jahre für die allgemeinen Garantien und sieben Jahre für die fundamentalen Garantien) eine einmalige Prämie von 150.000 Euro zuzüglich Versicherungssteuer und gegebenenfalls Prüfungsgebühren des Versicherers kosten würde.

Die Platzierung dieser Art von Versicherungen ist ein mehrstufiger Prozess mit üblicherweise folgenden Schritten:

  • Abstimmung von Non-Disclosure Agreements (NDA, Geheimhaltungsverträgen) und gegebenenfalls Non Reliance Letters (vertraglicher Haftungsausschluss –  hier für DD-Berichte)
  • Interne Bewertung
  • Ausschreibung und Einholung von unverbindlichen Indikationen (NBIs)
  • Versicherungsseitige Kostenvereinbarung für die Prüfungsgebühr
  • Underwriting Call und Policenentwurf
  • Signing der Transaktion und der Police

Dieser Prozess nimmt 10 bis 14 Tage Zeit in Anspruch; bei Policen für bekannte Risiken wird dagegen oft noch ein zusätzliches Gutachten benötigt – mit entsprechendem zusätzlichen Zeitbedarf.


Clemens Küppers