Marktforscher Niklas Haupt spricht über E-Mobilität
Wie gestaltet sich aus Ihrer Sicht die Gegenwart und Zukunft der E-Mobilität und welche Rolle spielen Förderprogramme?
In Sachen Nachhaltigkeit und Technologie der Zukunft sind schon viele gute Diskussionen zur E-Mobilität geführt worden. Wir befinden uns auf dem richtigen Weg. Wenn ich mir die aktuellen Zulassungszahlen und den Markt der E-Fahrzeuge in Deutschland anschaue, ist aber gerade im August die Nachfrage im Vergleich zum Vorjahr deutlich runtergegangen. Was aus meiner Sicht vor allem den auslaufenden Förderprogrammen geschuldet ist. Wenn es um die Verkaufszahlen geht, ist das natürlich ein wichtiges Thema. Als Marktforscher halte ich die emissionsfreie Technologie für nachhaltiger als viele Alternativen. Ich bin überzeugt, dass sich die E-Mobilität im Pkw-Markt durchsetzen wird.
Wie sehen Sie die Entwicklung und Perspektiven bei Unternehmen, wenn es um E-Mobilität geht?
Viele Unternehmen gehen bereits diesen Weg. Aber das ist eine Frage der Kosten. Ich bin mir ehrlicherweise gar nicht sicher, ob ich neue Förderungen politisch einfordern würde. Dies war am Anfang mit Sicherheit richtig. Das Ergebnis sehen wir jetzt auch am Gebrauchtwagenmarkt. Wenn ich am Anfang fördere, dann tue ich mich in einem zweiten Schritt gerade am Anfang einer Technologie entsprechend schwerer. Aus meiner Sicht sind Förderungen als Anreiz eher die Aufgabe von Herstellern und Banken. Das ist bei Flottenfahrzeugen ähnlich wie im privaten Pkw-Bereich. Mit ansprechenden Aktionszeiträumen können Unternehmen gezielt überzeugt, unterstützt und gefördert werden. Unabhängig davon müssen Unternehmen ohnehin zukünftig weiter verstärkt auf E-Mobilität setzen, um den CO2-Malus zu vermeiden.
Wo sehen Sie die größten Herausforderungen und Chancen für Unternehmen?
Das sind vor allem die Investitionskosten für neue Fahrzeuge. Wenn sich Unternehmen für E-Fahrzeuge entscheiden, ergeben sich für sie daraus große Chancen. Sich als glaubwürdiger und ökologisch relevanter Partner nach außen zu präsentieren, sind wichtige Aspekte. Zudem lassen sich auf Dauer Kosten einsparen. Ich denke, dass auch die großen Fuhrparks ihre Flotten sukzessive mit Elektrofahrzeugen ausstatten werden. Dabei gilt es, die Länge der zu fahrenden Strecken zu bedenken – zum Beispiel für den Bereich der Kleintransporter. Es kommt darauf an, entsprechende Stopps zum Aufladen sehr effizient zu gestalten. Insgesamt gewinnt das Thema Dienstwagenservice zunehmend an Bedeutung.
Wie haben sich Reichweiten und Ladezeiten der Elektrofahrzeuge entwickelt?
Bei fast allen Fahrzeugen, die jetzt auf den Markt kommen, sind die Reichweiten schon deutlich höher als bei älteren Modellen. Die Reichweiten werden zukünftig aus meiner Sicht nicht mehr das zentrale Thema sein, wenn es um Kaufentscheidungen geht, sondern Preis und Leistung, die sich mittelfristig weiter positiv entwickeln werden. Ich fahre seit August 2023 einen Skoda Enyaq. Neben der Reichweite und der Ladegeschwindigkeit bleibt für mich die Infrastruktur ein zentrales Thema. Sicherlich werden kurzfristig Investitionen der großen Energiekonzerne anstehen, die viele neue Ladepunkte einrichten werden. Und wenn bald nicht nur mit 45 oder 50 Kilowatt, sondern vielleicht mit 150 Kilowatt geladen werden kann, machen auch ein zweiter oder dritter Ladestopp keine größeren Probleme mehr. Ich denke, das wird der neue Standard der Zukunft sein. Für längere Strecken und nicht nur für die Stadt und den stadtnahen Verkehr, sondern auch für mittlere und längere Strecken wirkt sich das zunehmend positiv auch auf den Dienstwagenbereich aus.
Also ist vor allem Geduld gefragt?
Ja. In den vergangenen drei bis fünf Jahren hat sich in Sachen Reichweite und Infrastruktur schon einiges getan. Solarenergie spielt eine wichtige Rolle und die Benzinpreise werden mittelfristig nicht auf dem aktuellen Niveau bleiben.
Wie ist die Situation bei uns im Vergleich mit anderen Ländern in Europa?
Norwegen und Schweden sind aktuell schon wesentlich weiter, was die E-Mobilität betrifft. Laut der Zulassungszahlen sind dort gut 95 Prozent der Fahrzeuge elektrisch, das ist natürlich im Vergleich eine Ausnahmesituation. Aber es zeigt, wie es sich entsprechend auch bei uns weiterentwickeln kann.
Niklas Haupt ist Marktforscher, Trendforscher und Mobilitätsexperte. Er ist Gründer und Geschäftsführer des Unternehmens MiiOS GmbH in Schwaig bei Nürnberg. Zu den Kompetenzfeldern von MiiOS gehören Marktforschung, Analytics, Management, IT, Beratung, Training sowie Entwicklung und Führung von Netzwerk-Geschäftsmodellen.
Ladesäulenpflicht wird ausgeweitet
Ab dem 1. Januar 2025 sind Immobilienbesitzer gesetzlich dazu verpflichtet, Ladepunkte für Elektrofahrzeuge anzubieten. Die neuen Regeln gehen auf das Gebäude-Elektromobilitäts-Infrastruktur-Gesetz (GEIG) zurück und greifen bei Neubauten und umfassenden Renovierungen, bei denen die Gebäudehülle um mindestens 25 Prozent verändert wird. Betroffen sind Wohnungsgebäude mit mehr als fünf Stellplätzen und Nichtwohngebäude mit mehr als sechs Stellplätzen.
Darüber hinaus müssen bestehende Nichtwohngebäude mit mehr als 20 Stellplätzen ab dem 1. Januar 2025 mindestens mit einem Ladepunkt ausgestattet werden. Da der Aufbau der Infrastruktur neben der Planung und Umsetzung auch eine Bestandsaufnahme, technische Expertise und strategische Entscheidungen erforderlich macht, bietet das Kompetenzcenter Ecclesia Mobility mit seinem Kooperationspartner Lade.ZEIT jetzt eine spezielle Beratung zu diesem Thema an.