Top Themen Cyber Versicherungen Führung & Verantwortung Managerhaftpflicht D&O Betrieb & Eigentum Haftpflicht

Neue Trends und Risiken bei der Managerhaftung

Ob beim Thema Cybersicherheit, Lieferketten oder Whistleblower-Schutz: Infolge verschärfter rechtlicher Anforderungen sehen sich Unternehmensmanagerinnen und Unternehmensmanager zusehends steigenden Haftungsrisiken gegenüber. Um vor finanziellen Schäden ausreichend geschützt zu sein, braucht es passgenaue Versicherungslösungen. Im Interview berichtet Sandra Dammalacks, Leiterin Financial Lines bei der deas, über aktuelle Entwicklungen und Lösungen.

Der Markt der D&O-Versicherung („Manager-Haftpflichtversicherung“) hat in den vergangenen Jahren eine harte Phase durchlebt. Wie sieht es aktuell aus?

Bereits im Jahr 2023 konnten wir beobachten, dass sich der Markt nicht nur stabilisiert hat, sondern auch wieder Raum für Prämienverhandlungen bietet. Die Versicherer zeigen gesteigertes Interesse an Risiken, insbesondere an Unternehmen mit positiven Geschäftskennzahlen. Bei Branchen wie Einzelhandel, Bau und Kfz-Zulieferern, die wirtschaftlich nicht so gut dastehen, bleiben die Versicherer aber weiterhin vorsichtig und betreiben ein konsequentes technisches Underwriting. Hier ist es unser Ziel, auch für Unternehmen mit schwierigen Geschäftsfeldern erfolgreich Verträge auszuhandeln und Bedingungseinschränkungen sowie Ausschlüsse zu vermeiden.


Wie beeinflussen die aktuellen wirtschaftlichen und geopolitischen Entwicklungen den D&O-Markt?

In den Medien verfolgen wir täglich die Diskussionen um den Wirtschaftsstandort Deutschland. Hohe Energiekosten, Lieferengpässe, Streiks, Mitarbeiterabbau und Umsatzverluste prägen derzeit die Unternehmenslandschaft. Darüber hinaus sind Investoren aufgrund der geopolitischen Lage mit Russland und den Auseinandersetzungen im Nahen Osten zurückhaltend. Für Versicherungsunternehmen ist es wichtig, die Betriebskennzahlen jedes Unternehmens im Blick zu behalten, um abschätzen zu können, ob es in eine Schieflage geraten oder sogar insolvent oder restrukturiert werden könnte. In solchen Fällen besteht die Befürchtung, dass die Geschäftsführer und Vorstände haftbar gemacht werden und somit Schadensersatzansprüche in der D&O-Versicherung geltend gemacht werden könnten.


Welche zusätzlichen Haftungsrisiken müssen Manager beachten, insbesondere im Hinblick auf neue Gesetze oder Compliance-Regelungen?

Im Kontext von Environmental Social Governance (kurz: ESG) haben Themen wie das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) permanent Einfluss auf die Haftungssituation von Unternehmensleitern. Das LkSG, das als EU-Richtlinie bereits existiert und nun in Länderrecht umgesetzt wurde, verpflichtet Unternehmen mit über 1.000 Mitarbeitenden ab 2024, ihre Lieferanten in Bezug auf die Einhaltung von Menschenrechts- und Umweltpflichten zu überprüfen. Um Sanktionen und Bußgelder zu vermeiden, benötigt der Einkauf Transparenz bei seinen Zulieferern in der Lieferkette. Hierfür ist eine Neuausrichtung des Supply-Chain-Managements erforderlich, für die das Management verantwortlich ist. Bei einer nicht ordnungsgemäßen Organisation sind Regresse gegen die verantwortlichen Unternehmensführer nicht auszuschließen, die dann zu einem D&O-Schadenfall führen können. 

Zu neuen Haftungsszenarien und Regressen gegen das Management wird voraussichtlich auch die Network and Information Security Directive 2 (kurz: NIS 2) führen. Die EU-Richtlinie stellt erhebliche Anforderungen an die Ausgestaltung der Cybersicherheit von Unternehmen. Bei der Frage, ob Regresse gegen Geschäftsführer und Geschäftsführerinnen für Unternehmensbußgelder zulässig sind, besteht rechtlich jedoch noch Unklarheit.

Eine weitere Verpflichtung betrifft die Einrichtung von Hinweisgebersystemen, wie sie in der Whistleblower-Richtlinie geregelt ist. Diese betrifft Unternehmen des privaten und öffentlichen Sektors mit mindestens 50 Angestellten, die ein internes Meldesystem einrichten müssen. Bei Verstößen gegen diese Richtlinie sind entsprechende Haftungsszenarien für die verantwortlichen Organe denkbar.


Wie kann die deas als Versicherungsmakler dem zunehmend technischen Underwriting der Versicherer entgegenwirken – und ihre Kunden unterstützen?

Um ein erfolgreiches Underwriting und eine gute Verhandlungsposition mit Versicherern zu erreichen, ist es entscheidend, sich frühzeitig mit den notwendigen Risikofragen und -anforderungen auseinanderzusetzen und eine klare und transparente Kommunikation mit dem Kunden hinsichtlich der Zielsetzung und Strategie zu pflegen. Insbesondere bei schwer versicherbaren Risiken ist das von großer Bedeutung. Durch den Einsatz von Risikodialogen oder Underwriter-Calls können wir in Zusammenarbeit mit dem Kunden auch schwierige Risiken erfolgreich am Markt platzieren. Als „Manufaktur“ für unsere Kunden ist das unser Anspruch.


Welche weiteren Produkte der Financial Lines, neben der D&O-Versicherung, empfehlen Sie für Unternehmen und Manager? 

Neben der D&O-Versicherung zählen zweifellos die Cyberversicherung sowie die Vertrauensschaden- und Strafrechtsschutzversicherung zu den wichtigsten Deckungen, um den Bilanzschutz des Unternehmens zu optimieren. Wir sind darüber hinaus auf IPO- und POSI-Versicherungen spezialisiert und stehen bei geplanten Börsengängen und Kapitalmaßnahmen mit unserer Expertise zur Seite. Für Top-Manager empfehlen wir zudem den Abschluss einer hochwertigen Top-Manager-Rechtsschutzversicherung sowie gegebenenfalls einer Personal-D&O oder Selbstbehaltsversicherung nach dem VorstAG.


Lesen Sie hierzu auch, was das Nachwuchsmanagement für Versicherungen benötigt!  (Verlinkung Blogbeitrag Nachwuchsmanagment: Welche Absicherung wird benötigt?)