Sicher finanzieren in stürmischen Zeiten
„Die Inflation ist die Hölle der Gläubiger und das Paradies der Schuldner.“ So einfach, wie es einst André Kostolany beschrieben hat, ist die Situation nicht. Was eine steigende beziehungsweise hohe Inflation für die eigene Kaufkraft und den eigenen Haushalt bedeutet, dass haben nicht nur die Verbraucherinnen und Verbraucher im letzten Jahr gemerkt, sondern auch die Unternehmen.
Der durch den Krieg in der Ukraine ausgelöste starke Anstieg der Energiepreise führte zur Rückkehr des nach vielen Jahren fast vergessenen volkswirtschaftlichen Phänomens des Kaufkraftverlustes. Zudem sind die Preise für Güter stark angestiegen. In Kombination mit den COVID-19-bedingten Marktverwerfungen der letzten Jahre summieren sich die Herausforderungen für die Industrie weiter. Auch wenn die Inflation unter anderem durch das Eingreifen der Zentralbanken mittels Leitzinserhöhungen in den letzten Monaten abgeschwächt wurde, scheint eine kurzfristige Rückkehr zu den moderaten Inflationsleveln der letzten 10 bis 20 Jahre unwahrscheinlich.
Während den Konsumenten im inflationären Umfeld allgemein zur Investition in inflationsgeschützte Anlageklassen (zum Beispiel Gold und Immobilien) geraten wird, um die Effekte des Kaufkraftverlusts zu mitigieren, sind die Gegenmaßnahmen für eine Unternehmung nicht so trivial beziehungsweise schnell umsetzbar.
An erster Stelle wird allgemein empfohlen, die gestiegenen Einkaufs- und Produktionspreise an die eigenen Abnehmer weiterzugeben und somit die Wirtschaftlichkeit der eigenen Unternehmung zu optimieren.
Diese Empfehlungen treffen auf ein Umfeld, das in den letzten zwei bis drei Jahren durch starke Störungen in den Lieferketten beeinflusst war und viele Unternehmen dazu veranlasst hat, in die eigenen Lieferketten zu investieren, um diese zu stützen. So wurden zum Beispiel Lieferanten mit schnellen Zahlungen unterstützt, strategische Lager aufgebaut und Abnehmern vielerorts verlängerte Zahlungsziele eingeräumt. Diese strategischen Investitionen in das Umlaufvermögen führen nun in einem Inflationsszenario zu einem weiteren stark ansteigenden Finanzierungsbedarf auf Unternehmerseite aber auch zu einer stärkeren Ausnutzung bestehender Warenkreditversicherungslimite.
Neben dem Kostenaspekt ist die Inflation also durchaus auch ein Risikothema. Es gibt auf der operativen Seite im Einkauf und Vertrieb diverse Ansatzpunkte, um sowohl die eigenen Kosten zu managen, als auch im Umlaufvermögen gebundene Liquidität freizusetzen und bestehende Versicherungslimite in Bezug auf die eigenen Abnehmer effektiv zu nutzen. Dies kann allerdings die Resilienz der eigenen Wertschöpfungskette in zukünftigen Krisen wieder negativ beeinflussen.
Hier gilt es, die Balance zwischen allen Beteiligten und deren Interessen zu wahren. Dabei kann die Art der Finanzierung ein Teil der Lösung sein. Während die aktuelle allgemeine wirtschaftliche Situation bei vielen Banken im klassischen Unternehmensfinanzierungsbereich zu einem gesunkenen Risikoappetit geführt hat und damit konträr zu den Bedürfnissen der Unternehmen steht, gibt es alternative Finanzierungsformen, die sich wachsender Beliebtheit erfreuen.
Dabei handelt es sich schwerpunktmäßig um asset-basierte Finanzierungen, die an den verschiedenen Phasen in der Wertschöpfungskette ansetzen und auf das zugrundeliegende Umlaufvermögen abstellen. Exemplarisch seien hier Einkaufsfinanzierungen genannt, die dabei helfen können, neue Lieferanten zu erschließen. Ebenso gibt es Lagerfinanzierungen über Kredit oder als Leasingstrukturen sowie Forderungsfinanzierungen, die neben einer Risikoabsicherung auch als Instrument genutzt werden können, um Preiserhöhungen für die Abnehmer über längere Zahlungsziele abzufedern.
Die Diversifizierung der Finanzierungsinstrumente begrenzt sich dabei nicht nur auf das Umlaufvermögen, sondern kann zum Beispiel auch auf das Anlagevermögen im Rahmen von Sale & Lease back-Transaktionen ausgeweitet oder um öffentliche Hilfsprogramme über die staatlichen Förderbanken ergänzt werden. Neben der beschriebenen Risikostreuung und den potentiellen Kostenvorteilen können sich dadurch auch positive bilanzielle Effekte einstellen.
Es bleibt festzuhalten, dass die zwingend gebotene Optimierung der Mittelverwendung auch einhergehen sollte mit einer optimierten Mittelherkunft, um die gesamte Ausstrahlwirkung einer gesunden Bilanz auf die Bonitätseinschätzung der Banken und Kreditversicherer in Gänze zu entfalten – die Finanzierungsstruktur von Unternehmen orientiert sich somit immer stärker entlang der individuellen Wertschöpfungskette, als rein auf die ratingbasierte Kreditbeschaffung.
Das Expertenteam von Ecclesia Credit berät Sie gern zu diesen Themen. Wir unterstützen Sie getreu unserem Motto: „Sicher finanzieren in stürmischen Zeiten“.
Stefan Vogel